Der Sonnenaufgang währt nicht den ganzen Morgen.
Ein Wolkenbruch dauert nicht den ganzen Tag.
So singt George Harrison in seinem Lied „All things must pass“. Das meint: alles geht vorüber.
Wers nicht mehr weiß: George Harrison, das war einer von den Beatles. Genauer gesagt: der beste Beatle. Also für mich. Wenn ich seine Lieder hör, wird’s in mir ganz leicht und weit und hoffnungsweich. Bei George Harrison ist meistens ziemlich viel Zuversicht drin.
Auch in diesem Lied, das er nach seiner Zeit mit den Beatles geschrieben hat: all things must pass. Alles geht vorüber. All things must pass away. Alles muss vergehen. Und die Zuversicht, die klingt darin zum Beispiel so:
It’s not always gonna be this grey. Es wird nicht immer so grau sein.
„Wir werden diese Krise überwinden.“ sagen wir uns gegenseitig. Und dann hätt ich gern eine Glaskugel. Dann wüsst ich, wann das hier alles vorbei ist und wie mein Leben dann aussieht.
Das Gute ist: die anderen, die haben auch keine Glaskugel. Auch nicht die, die gerade Dunkelstes prophezeien. Da halt ich mit George Harrison dagegen:
Der Sonnenuntergang währt nicht den ganzen Abend
Ein Gedanke kann diese Wolken wegblasen, singt er. Und:
Kein Faden in meinem Leben kann halten
Also muss ich mich auf den Weg machen
Und einem weiteren Tag entgegentreten.
Und die Dunkelheit bleibt nur, solange die Nacht dauert
Am Morgen wird sie verblassen
Tageslicht ist gut darin, genau im rechten Moment zu erscheinen
Es wird nicht immer so grau sein.
All things must pass. All things must pass away, singt George Harrison.
Und ich, ich denk an meinen Großvater: Steckrübenkind, Kriegsgefangener, verwaister Vater. Eine lange Liste könnte man führen mit all dem Schweren, was er hat erleben müssen. Und auch das gibt es von ihm zu berichten: er hatte das lauteste Lachen, das ich jemals jemanden habe lachen hören.
Warum ich von meinem Großvater erzähle? Er hatte ein Lieblingslied. Ein Kanon, der heißt: alles ist eitel. Also: alles muss vergehen. All things must pass away.
Mein Großvater, sein Kanon, George Harrison. Sie liegen mir in den Ohren. – „Nichts von uns ist für immer.“ sagen sie. Nicht das, was mir kostbar ist. Aber auch nicht das, was mir den Boden unter den Füßen wegzieht. Das gibt mir Zuversicht.
Ich sage noch, wie das Lieblingslied meines Großvaters weitergeht. Es geht so: Alles ist eitel. Du aber bleibst.
Du, das meint Gott.