Tischgeschichten

Was ereignet sich nicht alles am Tisch und beim gemeinsamen Essen?
Vielen Dank für die kleinen Geschichten, die uns Viola Teske, Familie Krüger, Claudia Leitz-Niehaus und Hannelore Riemer zugeschickt haben.

Eimer mit Farbe und Löffel
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Auf einem christlichen Jugendtreffen war es nach einem wirklich guten Essen nötig, sich um die angefallenen Geschirrberge zu kümmern. Eine Spülmaschine gab es nicht. Mit einer Handvoll Leute machten wir uns an die Arbeit im Wissen, dass wir LANGE brauchen würden. Mir war also etwas mulmig. Während der Arbeit fing irgendwer an zu singen. Wir stimmten ein, kamen so in Fahrt und hatten einen solchen Spaß, dass sich kurz vor Schluß folgender Dialog ereignete: "Hier ist noch ein Löffel." - "Halleluja!".

Eicherbecher mit zwei Eiern
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Wenn es bei uns Sonntags Frühstückseier gibt, schiebt mir eines meiner Kinder ein Frühstücksei rüber „Mama für dich“ oder mal mit der Bitte: "Mach bitte für mich auf“. Dann klopfe ich mit dem Löffel das Ei auf und rufe erstaunt „Oh, das ist ja leer“ und die Kinder brechen in glückliches Gelächter aus. Mein Opa hat mir diesen „Trick“ beigebracht ein Ei auszulöffeln, umzudrehen und wieder in den Becher zu stecken und es dann jemandem anzubieten. Ich habe ihn natürlich gerne meinen Kindern weitergegeben. Die größte Freude haben die Kinder, wenn wir Besuch zum Frühstück haben. Der Besuch bekommt natürlich mit einem glücklichen, leicht schelmischen Lächeln ein Ei angeboten.

Bei meinem Mann gibt es eine ähnliche Familientradition. Sein Opa hat immer laut gerufen: „Alle mal wegschauen“ und hat dann die Salatschüssel an die Lippen gesetzt und die Salatsoße ausgetrunken. Wenn jetzt mein Mann ruft „alle mal wegschauen“, wissen alle, was kommt – und schauen natürlich hin.

Ein Mann arbeitet ein der Küche.
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Ein Tisch für die Familie ist im Restaurant bestellt. Mein Schwiegerpapa, mein Mann und ich, die Söhne sind entweder unpässlich wegen des Abends zuvor oder haben doch etwas anderes vor. Dafür begleitet uns ein iranischer Freund. Er arbeitet normalerweise hier in der Küche, aber seine Arbeitserlaubnis ist ausgesetzt. Wieder einmal warten, bangen, hoffen – wie wird es weitergehen? Wird er eine Duldung erhalten, die ihn vor einer Abschiebung schützt.
Heute ist er also Gast in „seinem“ Restaurant. Mit fröhlichem Hallo begrüßen ihn die Kolleginnen und Kollegen. Zur bestellten Vorspeise wird eine weitere gereicht, ein Gruß aus der Küche! Und auch Desserts und Espressi für alle landen als Überraschung des Hauses auf unserem Tisch. So viele Grüße aus der Küche - sie sagen: „Schön, dass du da bist! Wir vermissen hier nicht nur deine Arbeitskraft, du bist einer von uns!“

Eine Scheibe Brot und Krümel
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Ich besuchte meine Mutter so oft es ging im Altenheim und saß beim Abendessen mit am Tisch. Eine Pflegekraft richtete zwar die Teller, war aber dann wieder unterwegs. Nicht nur meine Mutter, sondern die ganze Gruppe im kleinen Speiseraum blühte immer ein wenig auf, wenn ich dort war. Es waren nur Kleinigkeiten für mich, aber ich bekam sehr viel Dankbarkeit zurück. Nur weil ich einer Frau, die sehr stark zitterte, das Brot kleinschnitt, damit sie in Würde essen konnte. Oder weil ich einer anderen nochmals Tee nachgoss oder Wasser holte, weil sie es selbst nicht mehr schaffte. Oder einfach weil ich das Gespräch suchte und viele dann erzählten und nicht schweigsam wie sonst am Tisch saßen und darauf warteten, dass man sie ins Bett brachte, obwohl sie noch gar nicht müde waren. Der Heimleitung war das wohl trotzdem ein Dorn im Auge, denn eines Tages hing ein Zettel im Raum, dass Angehörige beim Essen nicht im Raum sein dürfen, angeblich wegen Platzmangel. Das fand ich sehr traurig. Dieses "Verbot" habe ich meist ignoriert und lieber Ärger für mich in Kauf genommen, als die alten Leute zu ignorieren. Unsere Senioren und Seniorinnen haben mehr Würde und Zuwendung verdient. Ein Heim darf kein Kasernenhof sein, sondern ein Wohlfühlort. Es ist ja für die meisten die letzte Heimat.